Die Natur braucht Verbündete
Unsere Vereinsgeschichte
Wisst ihr noch....? Erinnert ihr euch....? Mensch, damals....! Ich kann nicht vergessen, wie am Brockenberg....!
So begannen früher die Gespräche, und so hört man es auch heute noch bei Unterhaltungen zwischen Gartenfreunden, und immer wieder spürt man die Begeisterung um den eigenen Garten, die Freude an der Arbeit und auch ein wenig den Stolz auf das Geleistete..., man spürt echte Zufriedenheit, mit der die Gartenfreunde ihr kleines Erdemund genießen.
Die Gründung ...
Es war ja auch ein schlimmer Anfang damals nach dem Wahnsinn des 2. Weltkriegs, als Hunderte von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen in das zerbombte Holzgerlingen hineingepfercht wurden, und keiner wusste, wie das Leben überhaupt weitergehen sollte. Lebensmittelkarten mit winzigen Rationen garantierten kaum das Überleben, Arbeit gab es so gut wie keine, und der Verdienst aus Gelegenheitsarbeiten war oft entwürdigend. Wir waren Teil der US-Zone, es wurde demontiert, nur mit Bezugsscheinen war hier und dort einmal ein Spaten oder ein Sack Zement zu "erstehen". Für einen Besuch bei Verwandten in Dettenhausen brauchte man einen Passierschein oder man schlich des Nachts heimlich und voller Angst über die Zonengrenze im Goldersbachtal.
So war es damals, als 1947 eine Handvoll Menschen die Initiative ergriff und ganz vordergründig etwas tun wollte gegen den Hunger und gegen die Hoffnungslosigkeit jener Jahre. Sie setzten sich zusammen, unsere Gründungsmitglieder, stellten einen kleinen Ortsverein von Gartenliebhabern und Siedlungswilligen auf die Beine und arbeiteten vom ersten Tag an eng mit dem Bezirksverband der Gartenfreunde zusammen.
Ein Stückchen Land zum Bewirtschaften und zur Haltung von ein paar Hasen und Hühnern das war ihr erstes Ziel, um so zur Ernährung der eigenen Familie etwas beizusteuern. Am völlig verwilderten und verwahrlosten Abhang des Brockenberges durften die ersten "Grabeländer" angelegt werden. Zunächst hieß es dort aber nur Dornen und Gestrüpp roden, dann den wellenförmigen Boden planieren und den seit Generationen fast brachliegenden Grund überhaupt erst einmal urbar zu machen. Es war eine unvorstellbare Schinderei, denn mehr als ein Spaten, eine Hacke und ein Schubkarren standen ja nicht zur Verfügung. Aber so langsam wurde es besser, denn die inzwischen neu funktionierende Gemeindeverwaltungsämter dem damaligen Bürgermeister Rommel unterstützte uns recht wirkungsvoll. Der Ortsverein stellte 1947/48 den "Antrag auf Zuteilung von Leiterwagen".
Nach einigem Hin und Her genehmigte der Landesverband 4 Stück, die den Familien Nagel, Decker, Wünsche, ımd Schalansky zugeteilt wurden. Welch eine Bereicherung für diese Familien und für den Verein!
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein kleiner Mitgliederspiegel:
im Jahre 1947: 37 Mitglieder
im Jahre 1948: 146 Mitglieder
Es muss also erstrebenswert gewesen sein, in den Verein einzutreten, ein Stück Grabeland zu erhalten und im Verband von Gleichgesinnten das Risiko des Siedelns und Bauens einzugehen. Die "Insassen" der Fliegerhütte drunten am Grabenrain allerdings liefen mit ihrer Bitte um Zuteilung von Grabeland am Brockenberg ins Leere; man wies sie ab mit der Begründung, sie könnten ja rings inn ihre Hütte den Boden umstechen...
Im Jahre 1948 meldete der Vorsitzende unseres Ortsverbandes 104 Anwärter, die einen Antrag auf "Zuteilung von Düngemitteln" stellten. Und um der Schädlingsplage Herr zu werden, empfahl Gartenfreund Wolf aus Böblingen im selben Jahr Holzasche gegen Erdflöhe und kochendes Wasser gegen Ameisen....
So wuchs der Verein langsam heran, und bald spürten die Gartenfreunde, daß ein Verein auch Geselligkeit und Unterhaltung pflegen muss. Noch im Jahre 1948 traf man sich zu einem "Allgemeinen Unterhaltungsnachmittag" im Schönbuchsaal bei Musik und Tanz; die erste Tombola wurde organisiert. So sind also auch unsere Gartenfeste schon runde 50 Jahre alt und längst zur Tradition in Holzgerlingen geworden.
Der Wiederaufbau...
Und nun verfolgen wir einige Weiterentwicklungen einmal ganz schematisch:
* Im Jahre 1950 entsteht ein Bau - Ausschuss mit dem Ziel, alle Siedlungswilligen zusammenzufassen. Das vom Schaichhof abgetretene Siedlungsland von 20 ha wird begutachtet. Herr Tomann ist als Berater tätig und jederzeit als Fachmann und Helfer ansprechbar.
* Herr Bürgermeister Rommel und Herr Tomann empfehlen 1950, das Land am Schaichhof nur als Nebenerwerbsfläche zu nutzen; die neue Siedlung soll auf der Flur Kreuzerwasen entstehen. 5
* Jeder Siedler erwirbt damals kurz nach der Währungsreform sein Grundstück von etwa 6 Ar zu einem Preis von ca. DM 2,75 pro qm.
* Jeder Siedler muss sich verpflichten, 10 % der Bausumme in Geld oder Arbeitsstunden einzubringen ( 1 Arbeitsstunde wurde seinerzeit mit etwa DM 2,00 verrechnet). Es mussten also bei einer angenommenen Bausumme von DM 15.000,- etwa 1.500.- DM sofort bezahlt oder 750 Stunden Arbeit geleistet werden. (Man bedenke: Es gab keinen freien Samstag, die Wochenarbeitszeit pendelte zwischen 48 und 50 Stunden, man fuhr mit dem Zug zur Arbeit nach Böblingen oder Sindelfingen...)
* 1953 ist die Kreuzerwasensiedlung im Großen und Ganzen fertig; sie erhält 1956 im Landeswettbewerb als "beste Kleinsiedlung" eine lobende Anerkennung für vorbildliche Leistungen bei der Anlage, Ausgestaltung und Pflege.
* Der Siedler ist aber zunächst nicht Eigentümer seines Hauses, er muß erst noch weitere Zahltmgen entrichten und sich "als untadelig und dem Gedanken des Siedlungswesens würdig erweisen..."
Ja, so ging es damals los oben auf dem Brockenberg, ımd unten am Hang des Berges entwickelten sich-die Grabeländer immer besser. Die Erträge stiegen, und der Wunsch nach einem eingezäunten Garten mit einem bescheidenen Häuschen darin wurde immer dringender. Und so wurde noch im Jahre 1952 der Grundstein gelegt für unsere heutige Dauergartenanlage.
1) 1952 entstehen aus ehemaligen Grabelândern als erster Abschnitt 8 Gärten an dem schrägen, steilen Weg, der heute so schön und sauber geteert ist. Es sind die Gärten Kipphan, Riewe, Ziegler, Schöneich, Tybussek, Radtke, Moldenhauer und Lippke. /Gemeinsam wird ein Außenzaun angelegt. Eine erste Gartenordnung mit exakten Bepflanzungsvorschriften tritt in Kraft. .
2) 1953 werden die Gärten oberhalb und unterhalb des mittleren Weges nach Osten hin erweitert bis zu den heutigen Pächtem Blocher und Neidkowski. *
3) 1954 werden wieder Grabeländer in Gärten umgewandelt, und zwar von den Pächtern Patzold und Himmelstohs weiter nach Osten bis etwa zu den Parzellen Neugebauer und Kohler.
4) 1955 setzt sich die Gartenanlage in der andem Richtung fort, über den heute geteerten Weg nach Westen, also in Richtung zum Holzgerlinger Ortskern. Es entstehen die Gärten der heutigen Pächter Jakob und Markic bis etwa zum Garten Georg Martinewsky.
5) 1957 wächst die Anlage bis an die Viehweide im Westen, also bis zum heutigen Garten Lebsanfi.
6) Ende der 50-er Jahre dehnen sich die Gärten auch wieder in der Ostrichtung aus. Sie erhalten ihre Grenze bei den heutigen Pächtern Amrehn und Moninger, kurz vor dem Vereinsheim.
7) Erst 1977 verschwinden die letzten Grabeländer am Brockenberg. Unsere Gesamtanlage wird endgültig abgerundet durch die Neuanlage von Gärten bis hinunter an den Weg zur Reithalle.
Wenden wir im Jubiläumsjahr 1997 den Blick zurück, so dürfen wir feststellen, daß alle unsere Vorgänger auf den Grabeländem, in den Gärten und "in der Siedlung" viel geleistet und immer wieder aufs neue Arbeit und Mühe auf sich genommen haben, um unsere Dauergartenanlage und die Gesamtbebauung auf dem Brockenberg zu einem Schmuckstück zu machen.
Großer Dank gebührt den Vereinsvorsitzenden und ihren Stellvertretern, den Kassierern und Schriftführern, die all die Jahre hindurch unserem Verein Zeit und Kraft selbstlos zur Verfügung stellten und so unseren Verein bauten und prägten.
Rund ums Wasser ...
Und nun möchte ich noch einige Höhepunkte aufzeigen, die auch in unsere kleine Vereins-Chronik gehören:
* Im Jahre 1954 wurde die erste Wasserleitung in unseren Gärten verlegt. Sie begann oben am sogenannten "Dreschschuppen" und verlief quer unter der Viehweide hindurch. In Gemeinschaftsarbeit buddelten unsere Gartenfreunde selbst bei strömendem Regen. Sogar am Pfingstfeiertag standen sie knöcheltief im Schlamm. Dann aber war es endlich soweit: man hatte Wasser!!
* 1957/58 mußte wegen des großen Bedarfs eine neue Wasserleitung verlegt werden; diesmal von der Schillerhöhe herab.
* Trotz allem herrschte stets Wasserknappheit. Es gab manche Auseinandersetzung ums Gießen und Spritzen mit dem Schlauch, ums Füllen von Bassins - und so wurde 1977 die dritte Wasserleitung verlegt, eine armstarke Leitung, die noch heute funktioniert und selbst in trockenen Sommern immer genügend Wasser herangeführt.
Rund ums Wasser gibt es so manche nette Episode zu erzählen, die es wert ist, daß man sie festhält.
Ein Gartenfreund fällte einst einen Baum auf seiner Parzelle so unglücklich, dass dieser im Stürzen die Wasserleitung aufriss. Geistesgegenwärtig versuchte seine Frau das Leck mit Kleidungsstücken abzudichten - umsonst! Daraufhin setzte sich unser Gartenfreund kurz entschlossen auf das Loch - und hatte Erfolg! Er musste allerdings so lange dort ausharren, bis die Leitung abgestellt war und die Reparatur beginnen konnte.
Ein anderer Gartenfreund hatte ein Bassin gemauert im dieses voll Regenwasser laufen lassen. In der größten Hitze im Sommer stieg seine Frau im Bikini ins kühle Nass, um ein wenig Abkühlung zu finden. Ein anderer, etwas übereifriger Gartenfreund wurde Zeuge dieses "verwerflichen Tuns". Er witterte unnötigen Wasserverlust auf Kosten der Allgemeinheit und beantragte beim Vorstand eine Bestrafung des Verschwenders.
Gartenfreund Tybussek buddelte einst in seinem Garten eine Brandbombe aus der Erde... Ein Glück, dass er das Objekt erkannte! Ein Sprengkommando wurde damit fertig.
Weitere wichtige Daten zeigen die vielseitige Entwicklung des Vereins:
* 1957 wurden wir zum ersten Mal ins Vereinsregister eingetragen.
* 1964 wurde der Garten Riewe aufgelöst. Der Verein übernahm die Gartenlaube als Vereinseigentum. Die erste Gemeinschaftsanlage entstand.
* Im Mai 1967 wurde bei Gartenfreund Scholz (heute Garten Loi) eine "Bier-Laube" errichtet. Dort trafen sich jahrelang viele Pächter täglich, um nach getaner Arbeit ein bisschen aufzutanken.
* Im Dezember 1971 wurde von Frau Tybussek unsere Frauengruppe gegründet und bis 1977 zielstrebig ausgebaut. Anschließend Frau Bahrdt die Leitung der Gruppe, und noch heute sind unsere Frauen aktiv und treffen sich erfreulich oft in geselliger Runde im Haus der Gartenfreunde oder bei Besichtigungen, Ausfahrten, beim Basteln und Werken...
* 1976 pflanzten wir etwa 80 Hainbuchen entlang der Schönaicher Straße, um unsere dahinter neu angelegten Gärten vor den Abgasen der Autos zu schützen, einen Sichtschutz zu haben und um unseren Vögeln und anderen Kleinlebewesen neuen Lebensraum zu schaffen.
* 1978 änderte der Verein seinen Namen; früher: "Ortsverein der Eigenheimer, Siedler und Gartenfreunde e. V. Holzgerlingen" jetzt: "Ortsverein der Gartenfreunde Holzgerlingen e. V."
* Von 1980 bis 1984 wurde unser Vereinsheim gebaut. Tausende von Arbeitsstunden wurden investiert. Gartenfreunde und Siedler in großer Zahl halfen in beispiellosem Einsatz mit, dieses Werk zu vollbringen.
* 1984 konnte es feierlich eingeweiht werden. Von 1984 bis 1987 wurden rings um das "Haus der Gartenfreunde" neue Treppen angelegt, der Parkplatz wurde erweitert, es wurden zusätzlich Grünflächen geschaffen, und so ist unser Vereinsheim heute Mittelpunkt der Dauergartenanlage.
* In den 90er Jahren starteten wir dann die große Erweiterung des Vereinsheims. Die Frontseite wurde bei voller Unterkellerung etwa 3 Meter nach vorne verlängert, eine prächtige, beleuchtete Terrasse entstand neu, und die ganze Fassade wurde dem neuen Stil angeglichen - hell, freundlich, praktisch, modern.
* Seit Frühjahr 1985 wird das Haus der Gartenfreunde an allen Sonn- und Feiertagen bewirtschaftet. Dank der Mithilfe und des Einsatzes fleißiger "Bewirter" konnten wir dies bislang durchhalten und das Haus der Gartenfreunde zu einer wirklichen Begegnungsstätte ausbauen. Hier treffen sich regelmäßig Gartenfreunde und Wanderer, Familienausflügler und Stammtischler, befreundete Vereine, Frühschoppler, Gäste aus benachbarten Ortschaften, Freunde, Verwandte und Nachbarn..., es ist schon so:
das Haus der Gartenfreunde ist zu einer Stätte der Begegnung geworden. Die Holzgerlinger können es sich schon gar nicht mehr anders vorstellen
* 1986 stellte die Holzgerlinger Gemeindeverwaltung einen Bebauungsplan auf, in welchem unsere Dauergartenanlage einen festen Platz fand und der ihr einen Bestandsschutz garantiert. Wir sind Herrn Bürgermeister Dölker, dem Gemeinderat und den Verwaltungsfachleuten dankbar für dieses Entgegenkommen und für die Hilfe, die wir stets von ihnen erfahren haben.
Ortsverein der Gartenfreunde Holzgerlingen e.V.
Schönaicherstr. 60
71088 Holzgerlingen
email: info@ovg-holzgerlingen.de